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Nahziel 1: Aufmerksamkeit - Teil 3

Ich will beachtet werden!

Die vierte Methode:

d) passiv-destruktiv

ANGST UND FURCHT

Angst gehört zur „emotionalen Grundausstattung“ des Menschen. Sie ermöglicht uns, Gefahren zu erkennen, einzuschätzen und angemessen zu reagieren.

Sie ist aber auch der Mittelpunkt aller neurotischen Phänomene. Bei Erwachsenen wird große Angst als krankhaft gesehen, bei Kindern wird sie für natürlich gehalten. Sie erscheint gelegentlich bei jedem Kind einmal, ungewöhnlich ist es nur, wenn sie heftig wird.

Angst ist Ausdruck der Hilflosigkeit. Wer das Gefühl hat, schwach zu sein, fürchtet nicht nur offensichtliche Gefahren, seine Ängstlichkeit sucht unbestimmte und unbekannte Bedrohungen aus. 

Das „Kopfkino“ läuft.

Das Kind fühlt seine Hilflosigkeit, die wird in seiner Empfindlichkeit zur Angst. Und das ist das Problem: das Kind benützt seine angeborenen Furchtreaktionen, um seine persönlichen Ziele zu erreichen.

Eltern spielen dabei eine entscheidende Rolle: je mehr sie sich von der Ängstlichkeit des Kindes beeindrucken lassen, sei es durch übertriebene Fürsorglichkeit oder, weil sie unter ihren eigenen Ängsten leiden, umso bereitwilliger gehen sie darauf ein. Durch Angst kann das Kind sich zum Tyrannen machen, der jenseits der Grenze von Ordnung und Gesetz lebt.

Einsamkeit, Alleinsein und Dunkelheit, davor fürchtet sich ein ängstliches Kind und enthüllt durch seine Angst seine charakteristische Schwäche und ihren Anlaß. 

Nur ein verwöhntes Kind benimmt sich so (Reinhold Ruthe: Verwöhnt - bestraft für´s Leben). 

In seiner Wahrnehmung ist es das Schlimmste, allein gelassen zu werden, da es sich für unfähig hält, ohne die Hilfe der Erwachsenen zu existieren. Nichts ist bedrohlicher, denn dann muss es sich ganz auf sich selber verlassen – wie in der Dunkelheit.

Die typische Kindheitsangst wird oft durch die Weigerung des Kindes hervorgerufen, zu Bett zu gehen. Viele Kinder wollen nicht ins Bett geschickt werden. Entweder wollen sie die Gesellschaft und Besorgtheit nicht missen, oder sie fühlen sich gering geschätzt, weil sie nicht solange aufbleiben dürfen wie die Erwachsenen oder ältere Geschwister. Ins Bett gehen bedeutet Alleinsein in der Dunkelheit – das ist der Stein des Anstoßes. So ist die Angst eine starke Waffe, der nur wenige Eltern widerstehen können. Der Grad der Abhängigkeit, zu dem Eltern durch diesen „Kunstgriff“ gebracht werden können, ist oft unglaublich.

Was kann man also tun gegen diese Ängste von Kindern ?

Jede Art von Druck oder Zwang trägt nichts zur Lösung bei, sollte deshalb vermieden werden.

Am besten ignoriert man die Ängstlichkeit, um ihr diesen hohen Stellenwert zu nehmen.

Klar, das Kind wird diese Taktik mit allen Mitteln bekämpfen – sein Einfallsreichtum ist meistens groß genug für alle Arten von Aufregungszuständen. Was immer Eltern tun, sie sollten ihre Aufmerksamkeit nicht auf das Symptom richten, sondern die tieferen Gründe versuchen zu verstehen. 

Die Hilflosigkeit des Kindes kommt gewöhnlich von seinem Gefühl der Abhängigkeit von Erwachsenen. Das Selbstvertrauen des Kindes zu fördern, ist immer hilfreich, und vor allem eine Notwendigkeit für seine weitere Entwicklung. Es muss (und kann) lernen, mit schwierigen Situationen fertig zu werden, dazu sind die Eltern gefordert. Gefordert, weil sie sich eventuell auch mit der eigenen Ängstlichkeit auseinandersetzen müssen.

Nachsicht ist häufig „Treibstoff“ für das Kind, seinen Willen durchzusetzen. Das wird offensichtlich, wenn es in fremder Umgebung seine Ängstlichkeit verliert, nicht mehr „braucht“, weil dort keine besondere Nachsicht der Fall ist.

Nicht Strenge – die vermehrt nur sein Gefühl der Hilflosigkeit, sondern konsequente und liebevolle Ermutigung ist in diesen Momenten gefragt.